Bredenbecker Scheune
Laufzeit
Förderung
Regionalität und MehrfunktionshäuserProjektort
Wennigsen (Deister)
Ziel des Projekts ist der Umbau einer ehemaligen Scheune zu einem integrativen Gemeinschaftshaus in Wennigsen-Bredenbeck: Es werden drei größere Teilbereiche abgedeckt: 1. Ortsteilarbeit mit Quartiersmanagement, Seniorenservicebüro, Bücherkaffee und Jugendpflege. 2. Dorfgemeinschaftshaus mit Sporthalle, Bühne, Proberaum, Lager und der Nutzung durch Vereine. 3.Gastronomie mit Veranstaltungen und Feiern. Im Dorfgemeinschaftsverein sind alle 15 Bredenbecker Vereine vertreten, die das Haus nutzen möchten. Sie vertreten mit ihren 1.500 Mitgliedern rund 47% der Einwohnerinnen und Einwohner. Es wirken 15 ehrenamtliche Vereine, die Gemeinde Wennigsen sowie Wohlfahrts- und Bildungsträger mit. Ein Leerstand wird behoben, die Ortsmitte nachhaltig belebt, Arbeitsplätze geschaffen. Das Vorhaben ist Teil des MoRo-Projekts 'RegioLAB - Grosse Emma' und dient als Beispiel für andere ländliche Regionen die vom wirtschaftlichen Strukturwandel und Demographischen Wandel betroffen sind. Nach Projektabschluss werden die gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen des RegioLABs-Grosse Emma ausgewertet und veröffentlicht.
Eine Scheune für alle
Reportage aus Bredenbeck
Die Menschen im niedersächsischen Bredenbeck verwandelten eine Scheune in ein Dorfgemeinschaftshaus. Dazu gründeten sie einen Verein, gewannen Unterstützerinnen und Unterstützer – und bewältigten Herausforderungen mit viel Eigeninitiative und einem guten Netzwerk.

BMLEH/Photothek
Wer sich im großen Saal des Bredenbecker Dorfgemeinschaftshauses umschaut, kann erahnen, welches beachtliche Engagement in seinen Gemäuern steckt. Die Fotografien an den Wänden zeigen Menschen, die im Inneren der alten Scheune Stein auf Stein setzen, lächelnd auf Baugerüsten stehen und in wohlverdienten Kaffeepausen zusammensitzen. Die Aufnahmen erzählen von unzähligen Arbeitseinsätzen der Mitglieder des Dorfgemeinschaftsvereins Bredenbeck, in denen sie die alte Scheune in ein vielseitig nutzbares Dorfgemeinschaftshaus verwandelten.
Thomas Behr, zweiter Vorsitzender des Vereins, deutet auf einen unscheinbaren Bilderrahmen, in dem sich ausnahmsweise kein Foto befindet. „Auf dieser Serviette haben wir damals unterschrieben. Wir wollten einen neuen Ort für Feste und die Gemeinschaft schaffen. Nachdem die Gaststätten im Dorf altersbedingt geschlossen hatten und die letzte Kneipe abgebrannt war, kamen wir als zwölf Bekannte aus dem Dorf auf einem Geburtstag zusammen und beschlossen: So soll es nicht weitergehen“, erzählt er. In den folgenden Monaten überzeugten sie viele Bredenbeckerinnen und Bredenbecker von der Idee, ein Dorfgemeinschaftshaus zu bauen. An der ersten Versammlung im Mai 2013 nahmen rund 100 Personen teil. Der nur wenige Monate später gegründete Dorfgemeinschaftsverein hat inzwischen 330 Mitglieder, darunter auch alle 13 Bredenbecker Vereine wie die Freiwillige Feuerwehr, den HeimatKulturverein oder das Dorfkino. Schon zu Beginn sei es ein Anliegen gewesen, eine Brücke zwischen den Vereinen im Ort zu bauen und gemeinsame Feste wie das Maifest wieder aufleben zu lassen, so Behr.
Für ein lebendiges Dorf
Bredenbeck gehört zur ländlich geprägten Gemeinde Wennigsen am Deister. Sie liegt etwa 15 Kilometer südlich von Hannover und dient als Naherholungsgebiet für die Region. Kleine bis mittlere Unternehmen prägen die lokale Wirtschaft. Obwohl die Gemeinde bemüht ist, die Nahversorgung und öffentliche Daseinsvorsorge zu erhalten, verlassen Einzelhandel, Banken und Gaststätten die Dorfkerne der Ortsteile. Um die Dorfgemeinschaft lebendig zu halten, braucht es ehrenamtliches Engagement.

BMEL/Photothek/Swen Pförtner
Christine Koberstein-Schwarz, Mitglied im Dorfgemeinschaftsverein Bredenbeck und Vorsitzende vom Dorfkino Bredenbeck
„Das ist unsere Scheune. Wir haben sie gebaut und wir pflegen sie. Alle packen mit an.“
Christine Koberstein-Schwarz, Mitglied im Dorfgemeinschaftsverein Bredenbeck und Vorsitzende vom Dorfkino Bredenbeck
So nahmen die Bredenbeckerinnen und Bredenbecker es selbst in die Hand. Kaum war die Vereinsgründung geglückt, suchten die Mitglieder nach einem geeigneten Objekt für ihr Dorfgemeinschaftshaus. Um die zentral gelegene Scheune zu kaufen, sammelten sie Eigenkapital und bemühten sich um Fördergelder und Kredite. Die Förderung im Rahmen des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung und Regionale Wertschöpfung ermöglichte den Umbau hin zum Mehrfunktionshaus.
Mit großem Engagement und sorgfältiger Planung begannen Thomas Behr und seine Mitstreitenden mit den Bauarbeiten. In der Bevölkerung fanden sie viele Unterstützerinnen und Unterstützer, die sich an Arbeitseinsätzen beteiligten. Doch bald tauchten Probleme auf: So verzögerte sich der Bau und unvorhergesehene Gutachten waren erforderlich. Das sorgte nicht nur für erhöhte Baukosten, sondern entmutigte auch einige Beteiligte. Ohnehin sei das Vorhaben recht ambitioniert gewesen. „Unser Architekt verriet mir im Nachhinein, dass er anfangs nicht daran geglaubt hatte, dass wir den Umbau mit so viel Eigenleistung stemmen können. Hinterher hat er seinen Hut gezogen“, erzählt Behr.
Im Sommer 2019 feierte Bredenbeck die Eröffnung des Dorfgemeinschaftshauses. „Das war möglich, weil so viele Menschen aus dem Ort mitgeholfen haben“, sagt Christine Koberstein-Schwarz. Sie ist seit Beginn Mitglied im Verein und dokumentierte den Bauprozess fotografisch. „Das Besondere ist: Das ist unsere Scheune. Wir haben sie gebaut und wir pflegen sie. Alle packen mit an.“ In anderthalb Jahren Bauphase seien jedes Wochenende zehn bis 30 Personen zusammengekommen, um Innenwände und Anbau zu mauern, Isolierung und Pflasterarbeiten zu übernehmen. Rund 9.000 ehrenamtlich geleistete Stunden kamen so zusammen. Nur für Gewerke, die sie nicht beherrschten, beauftragten sie Fachleute.
Ein Verein, viele Fähigkeiten
„Wir wussten vorher gar nicht, wie viele Kompetenzen wir vereinen: vom Architekten und Bauingenieur über den Stahlbauer bis hin zum Mitarbeiter in der Staatskanzlei. In unserem Netzwerk konnten wir für zahlreiche Probleme Lösungen finden“, erzählt Thomas Behr. „Und wenn ich zum Beispiel einen Traktor brauchte, habe ich den Harald angerufen, der mir ohne Wenn und Aber aushalf. Das funktionierte sehr gut.“
Neben dem großen Saal entstanden in der Bredenbecker Scheune ein Restaurant und Mehrzweckräume. Sie bieten ausreichend Platz für regelmäßig stattfindende Sport- und Gesundheitskurse sowie für Sitzungen von Ortsrat und lokalen Parteien. Einmal im Monat lädt der Verein alle Helferinnen und Helfer sowie Interessierte zum Stammtisch ein, um an die gemeinsamen Erfolge zu erinnern und anstehende Aufgaben zu besprechen. Die Mitgliedsvereine nutzen die Räume für kulturelle Veranstaltungen wie das Dorfkino.

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Das Dorfkino ist bei den Bredenbeckerinnen und Bredenbeckern sehr beliebt.
„Wir zeigen vier bis fünf Filme im Jahr“, erzählt Christine Koberstein-Schwarz, die nicht nur Mitglied im Dorfgemeinschaftsverein ist, sondern auch Vorsitzende des Dorfkino-Vereins. „Die Bredenbecker Scheune ist für uns ideal. Wir sind seit 1998 aktiv und es wurde für uns immer schwieriger, geeignete Räumlichkeiten zu finden. Mit der Scheune haben wir einen festen Ort, der die nötige Technik bietet. Und die Menschen aus dem Ort nehmen unser Angebot gut an.“ Durch den Kartenverkauf deckt das Dorfkino die anfallende Raummiete, für weitere Einnahmen sorgen Getränke und Popcorn.

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Thomas Behr, zweiter Vorsitzender des Dorfgemeinschaftsvereins Bredenbeck.
„Wir sind froh über den Rückhalt der Bevölkerung“
Thomas Behr, zweiter Vorsitzender des Dorfgemeinschaftsvereins Bredenbeck
Die von der Gemeinde angemieteten Räume im Obergeschoss nutzt die Volkshochschule Calenberger Land. Darüber hinaus sieht die Gemeinde Potenziale, in der Bredenbecker Scheune zukünftig häufiger Informationsabende und Beratungen anzubieten, um den Menschen direkt vor Ort Angebote zu machen. „Aus unserer Sicht ist die Bredenbecker Scheune jedoch zuallererst ein Treffpunkt für die Bürgerinnen und Bürger“, sagt Ingo Klokemann, Bürgermeister der Gemeinde Wennigsen. „Auch kleine Vereine und private Initiativen brauchen Räumlichkeiten für ihre Aktivitäten. Die Mehrfachnutzung sorgt für eine höhere Auslastung der Räume, sodass sie den Akteuren im Ort günstig zur Verfügung stehen.“ Dabei unterstütze die Gemeinde gerne punktuell. Jedoch basiere das Vorhaben vor allem auf dem herausragenden Engagement der Bürgerinnen und Bürger, so Klokemann.
Auch in anderer Hinsicht geht die Bredenbecker Scheune mit gutem Vorbild voran. Ein Mitglied, das mit einer Hörbehinderung lebt, setzte sich für eine technische Ausstattung ein, mithilfe derer hörbehinderte Menschen an Veranstaltungen teilnehmen können. „Das ist einzigartig in unserer Gemeinde. Für Ratssitzungen leihen wir uns die Technik aus, um mehr Menschen politische Teilhabe zu ermöglichen“, sagt Klokemann. Weitere Barrieren wurden durch einen Fahrstuhl und behindertengerechte Sanitäranlagen abgebaut. „Die Bredenbecker Scheune ist ein herausragendes Projekt, das einen neuen Dorfmittelpunkt schafft und das Dorf lebendig hält“, so der Bürgermeister weiter. ´

Dorfgemeinschaftsverein Bredenbeck e.V.
Das Miteinander weiter stärken
Das Dorfgemeinschaftshaus mit der Ortsteilarbeit und Gastronomie an einem Ort zu verbinden, sei eine runde Sache, so Christine Koberstein-Schwarz. „Wer unsere Veranstaltungen besucht, geht vorher vielleicht im Restaurant essen. Menschen von außerhalb, die den Dorfkrug aufsuchen, lernen auch den großen Saal kennen und mieten ihn zukünftig eventuell für private Feiern. Und wenn die Volkshochschule Bildungsseminare hier veranstaltet, können sich die Teilnehmenden in der Gaststätte versorgen. Wir befruchten uns gegenseitig.“ Auch in finanzieller Hinsicht bieten diese drei Säulen Vorteile: Durch Mieteinnahmen, Mitgliedsbeiträge und Spenden kann der Verein das Mehrfunktionshaus rentabel bewirtschaften. Für die Zukunft plant der Verein ein Quartiersmanagement, um insbesondere die Bredenbecker Bevölkerung stärker einzubinden. „Eine hauptamtliche Person könnte die Menschen aus dem Ort gezielter ansprechen und sie ermutigen, die Bredenbecker Scheune für ihre Aktivitäten zu nutzen“, so Koberstein-Schwarz weiter. „Es wäre ideal, wenn wir noch mehr Menschen aus dem Ort zusammenbringen könnten.“ Die Räume dafür stehen bereit.

BMLEH/Photothek
Der große Saal eignet sich gut fürs Dorfkino und andere Veranstaltungen. Dank umfangreicher technischer Ausstattung können auch hörbehinderte Menschen teilnehmen.
Ursprünglich erschienen im August 2022 in der Broschüre „Alle(s) unter einem Dach“.